Es war brechend voll, die letzten Gäste mussten mit einem Stehplatz zufrieden sein. Die Veranstaltung der Rödelheimer Runde am Freitag, den 3.2.2023, hatte ganz offensichtlich das Interesse vieler Bürgerinnen und Bürger getroffen. Ungewöhnlich war auch das Konzept: man saß im Kreis, die eingeladenen Kandidaten Uwe Becker (CDU), Mike Josef (SPD) und Manuela Rottmann (Grüne) mitten im Publikum. Die Moderation war zurückhaltend, die einzige Regel: keiner sollte länger als zwei Minuten sprechen. Als ein weiterer nicht geladener, parteiunabhängiger Kandidat stellte sich Feng Xu (Platz 14) vor.
Die Begrüßung durch die Veranstalter war kurz und leitete unmittelbar zur Selbstvorstellung der OB-Kandidaten über. Die weiteren Fragen aus dem Publikum behandelten die unterschiedlichsten Themen, zu denen die Kandidaten Stellung bezogen: Verkauf kirchlicher Grundstücke, die Au, Mieten, Schulen, Verkehr, Stadtverwaltung, Personalmangel, Grünflächen….
Befragt wurden die Kandidaten nach ihren drei Prioritäten. Uwe Becker nannte Sauberkeit und Sicherheit insbesondere im Bahnhofsviertel, die Bildung (er kritisierte die Langsamkeit der Schulsanierungen und -Neubauten) und als drittes das Klima: Solar auf alle Frankfurter Dächer. Mike Josef nannte Wohnen und sozialen Wohnungsbau, ebenso Bildung und Chancengleichheit für alle Kinder. Wichtig sei auch, eine dringend notwendige Vereinbarung mit der Landesregierung, um ein Gesetz gegen Zweckentfremdung zu bekommen, was die Handlungsfähigkeit der Kommunen erweitern würde. Für Manuela Rottmann war der wichtigste Punkt Klima – den Turbo einschalten, Klimaneutral bis 2035 – und die Effektivierung der Stadtverwaltung, indem man Prozesse auf den Prüfstand stelle und „manche Zombies“ beseitige.
Was auffiel: in den Schwerpunkten sind wenig Unterschiede zu erkennen. Klimapolitik und Bildung fielen als Stichworte häufig, aber eine Konkretisierung fehlte meistens. Weil Rückfragen leider meistens ausblieben, blieb unklar, was z.B. Manuela Rottmann unter „Priorisierung“ oder „Dritte mit ins Boot holen, „mehr Geschwindigkeit“ beim Bauen Planen „Strukturen nebenan“ meinte, ebenso die Ausführungen von Uwe Becker, der den 10-spurigen Autobahnausbau verteidigte, was klimapolitisch nicht zu seinen anderen Aussagen passte. Mike Josef verteidigte die derzeitige Stadtpolitik und befand, dass man insgesamt auf einem guten Weg sei, alles besser zu machen.
Alle drei Kandidaten hatten auch Antworten auf lokale Fragen parat. Zu dem besetzen Haus „In der Au“ bspw. sagte die Kandidatin der Grünen: „Die Au ist ein Teil von Frankfurt, ohne Konflikt kann [sie] gut damit leben.“ Eine ähnliche Position vertrat der SPD-Kandidat: „Die Au wird bleiben, so wie sie Teil des Stadtteils ist.“ Nur der CDU-Kandidat würde als OB das direkte Gespräch mit den Bewohnern der Au suchen und entsprechend der Bedürfnisse des Stadtteils eine „gesunde und rechtliche Lösung“ (vornehmlich Wohnungsbau) finden.
In der Schlussrunde sollte jede/r Kandidat*in sagen, warum er/sie gewählt werden sollte. Für Manuela Rottmann war es das Argument, nicht etwas zu bauen, was in 40 Jahren wieder abgerissen werden müsste, und dass sie als Juristin besser einschätzen könne, was geht und was nicht geht. Für Uwe Becker war es das Argument, dass er Frankfurt von A bis Z kenne und das Amt mit Würde und in die Welt hinein vertreten würde. Für Mike Josef war es die Tatsache, dass er keinen Kaltstart brauche, sondern bereits jetzt Teil der regierenden Koalition sei und die Stadt bezahlbar und vielfältig erhalten wolle, die allen Menschen eine Chance auf Glück gebe.
Zum nächsten Stammtischgespräch mit den Kandidaten der FDP Yanki Pürsün und der Linken Daniela Mehler-Würzbach lädt die Rödelheimer Runde am Freitag,
den 10. Februar 2023, um 19 Uhr in das Vereinsringhaus Rödelheim, Friedel-Schomann-Weg 7, ein. Wir hoffen auf eine ebenso rege Teilnahme wie am vergangenen Freitag.